Sternenkindfotografie – das erste und das letzte Bild eines Menschen. Seit ein paar Jahren bin ich als Fotografin auch immer wieder mal ehrenamtlich als Sternenkindfotografin tätig. D.h. ich werde in die Klinik gerufen, wenn ein Baby vor, während oder kurz nach der Geburt verstirbt. Das irdische Leben von Sternenkindern endet also, bevor es richtig begonnen hat. Manche mögen Trost finden in dem Glauben, dass wir geistige Wesen in einem menschlichen Körper sind. Und dass sich unsere Seelen unsere Lebenserfahrungen – positive wie negative – selbst ausgesucht haben. Dennoch ist der Verlust schwer greifbar.
Wichtige Trauerarbeit
In einer der schlimmsten emotionalen Situationen für die Eltern schaffen Sternenkindfotografen unschätzbar wertvolle Erinnerungen. Das ist wichtig für die Trauerarbeit und mit den Fotos wird es ein wenig greifbarer, dass das Baby ebenfalls ein Teil der Familie ist.
Trotzdem ich schon einige Sternchen fotografiert habe, hatte ich jetzt ein Jahr hinter mir, in dem ich es nicht mehr übers Herz gebracht habe – aus mehreren Gründen. Bei jedem Alarm, der über die Organisationen Hope‘s Angel oder Dein Sternenkind kam, habe ich anderen den Vortritt überlassen. Ich konnte es einfach nicht mehr. In München geht das meistens, weil es hier viele engagierte und tolle Fotografen gibt, die dafür gesorgt haben, dass bisher kein einziges Sternchen ohne Foto blieb.
Alles ändert sich
Gestern hat ein Anruf mein Leben gründlich durcheinander gewirbelt. Ein Papa hat mir mit tränenerstickter Stimme auf den Anrufbeantworter gesprochen und mir von seinem Sohn erzählt. Ein winziges Lebewesen, das völlig überraschend als Sternenkind auf die Welt kommen wird. Seine Frau und er wünschten sich sehnlichst ein Bild von ihm – das erste und das letzte Bild.
In der Regel werden wir ja (zumindest damals als ich noch Mitglied der Organisation Dein Sternenkind DSK war) nicht direkt angerufen. Aber die Eltern hatten mich im Internet gefunden und sich explizit für mich entschieden. Da war mir sofort klar – das ist Bestimmung, dass die beiden bei mir gelandet sind. Es stand für mich außer Frage, dass ich das machen würde. Ab dem Moment war ich auf Standby – jederzeit bereit, mit meiner fertig gepackten Fototasche, einem wunderschönen Trostpäckchen von Hope‘s Angel und winzigen Einschlagtüchern und Mützchen in die Klinik zu fahren. Es verging der Tag mit ein paar SMS hin und her. Die Nacht war für mich ruhig bis auf ein paar SMS zum Update über den Stand der Dinge und am nächsten Tag um 10 Uhr war es dann soweit.
Emotionale Berg- und Talfahrt
Ich war aufgeregt, aber trotzdem voller Zuversicht. Seit dem Telefonat mit dem Papa hatte ich das Gefühl, dass ich eine sehr enge Verbindung zu den Eltern und dem Kleinen hatte. Ich war während der Wartezeit immer wieder in Gedanken bei den Eltern und dem Kleinen und habe mir vorgestellt, wie sie ganz in warmem Licht und viel Liebe eingehüllt waren.
Als ich im Krankenhaus war, wurde ich von einer unfassbar lieben Hebamme in Empfang genommen, die sich rührend um die Familie kümmerte. Sie haben gemeinsam den Kleinen gewaschen, gewogen, gemessen und versucht, Hand- und Fußabdrücke zu machen. Was mich besonders berührt hat, war die unendliche Liebe, welche die Eltern ihrem Sohn gegeben haben. Dies ist nicht ganz so selbstverständlich, angesichts der Tatsache, dass der Anblick eines still geborenen Babys in der 15. Woche für viele schwer verkraftbar ist. Und doch herrschte neben all der Trauer ein greifbarer Frieden in dem Raum und viel Wärme und Geborgenheit.
Erzählt es weiter
Aber nicht jede Familie weiß von der Möglichkeit, kostenlos Fotos von ihren Sternchen machen lassen zu können. Noch ist das Thema Totgeburt von Kindern eher ein Tabuthema. Noch sind nicht alle Klinken soweit, dass sie die Eltern über diese Möglichkeit von Erinnerungsfotos informieren. Hier kann jede und jeder einzelne von euch helfen. Erzählt euren Freunden und Bekannten von den Organisationen Hope’s Angel und Dein Sternenkind, wenn diese betroffen sind.
Früher hat man Stillgeborene den Eltern noch nicht mal gezeigt, heute dürfen sie würdevoll und liebevoll Abschied nehmen. Und das finde ich eine wunderbare Entwicklung!
PS: Wie ich ursprünglich zur Sternenkindfotografie gekommen bin und wie sich diese Situationen ähneln, könnt ihr hier lesen…